Spaniens wilder, grüner, weißer Norden
Von Santander aus fuhren wir weiter die grüne, wilde, überall schon (Anfang/Mitte März) blühende Nordküste Spaniens entlang. Santillana del Mar, Comillas, San Vicente de la Barquera, Potes, Llanes, waren die nächsten Stationen. Mitte März ist die Natur hier schon so weit, wie bei uns erst Ende April, Anfang Mai. Die Mandelbäume und Magnolien blühen, die Wiesen sind weiß von Gänseblümchen oder gelb vom Löwenzahn. Die Temperaturen hier liegen laut Wetter-App sogar immer ca. 2 Grad über denen von Barcelona. Damit hätte ich hier im „hohen“ Norden von Spanien nicht gerechnet. Erwartet hatte ich eher viel Regen und Temperaturen um die zehn Grad.
Von San Vincente de la Barquera ging es dann nach Potes in den Nationalpark Picos de Europa mit seinen bis zu 2600m hohen Bergen. Blühende Bäume und 20 Grad im Tal, Schnee auf den Bergen.
Eigentlich wollten wir weiter rein in die Picos zum Wandern, aber der Wetterbericht für die weiteren Tage sagte null bis sechs Grad und Regen für die Gegend, in der wir wandern wollten voraus, was und dann doch sehr unattraktiv erschien. So musste Plan B her. Gijon… angeblich nicht soo spannend, Oviedo… ja, vielleicht.
Aber dann stießen wir auf Avilés. Avilés? Who the fuck is Avilés? Noch nie was von gehört, aber die Beschreibung lies sich spannend. Man solle sich nicht abschrecken lassen von den Ausläufern der Stadt, die aus Industrieruinen und unschönen Wohngebieten besteht, aber mit einer kleinen, schönen Altstadt im Zentrum aufwarten kann. Das hörte sich nach einer Stadt an, die noch nicht durchgentrifiziert und von Touristenmassen überlaufen ist, also fuhren wir hin und wir wurden nicht enttäuscht.
Vor vielen Jahren schon der Zusammenbruch der Stahlindustrie, Arbeitsplatzverluste, Niedergang, Armut, Arbeitslosenquote heute noch um die 20% (Jugendarbeitslosigkeit angeblich über 30%), das sind Eckdaten von Avilés, trotzdem empfing uns eine Stadt voller offener, freundlicher und lebenslustiger Menschen, am Meer gelegen, der Strand nur wenige Minuten vom Zentrum entfernt finden wir das die Stadt viel Lebensqualität hat.
Niedergang, oder schon Aufbruch? Diese Frage ist in Avilés schwer zu beantworten. Einerseits massig Immobilien zum Verkauf, zu Quadratmeterpreisen ab 800 Euro, andererseits aber ein paar moderne Cafés, die man auch in Berlin finden könnte und ein paar tolle, gute Restaurants, wie z. B. das Ronda14, welches der Ableger eines Restaurants in Madrid ist und wirklich gute, innovative Küche anbietet, ohne dabei überkandiedelt oder abgehoben zu sein. Wir waren so begeistert, dass wir alleine deswegen mal wieder kommen würden.
Dem Niedergang hat Avilés u. a. versucht mit dem Centro Niemeyer entgegenzuwirken. Der brasilianische Stararchitekt Oscar Niemeyer hat ein futuristisches und wirklich tolles Kulturzentrum entworfen, welches 2011 eröffnet wurde. Gehofft hat man in Avilés wohl auf den berühmten Bilbao-Effekt, der aber leider ausgeblieben ist. An Wochentagen ist man oft ganz alleine im Centro. Man muss natürlich berücksichtigen, dass Bilbao damals viel mehr gegen den Niedergang getan hat, als nur ein Museum zu bauen.