Unter dem Arbeitstitel “Armut in Berlin” habe ich im November 2014 begonnen eine Fotoreportage über Menschen zu erarbeiten, die arm sind. Einige von Ihnen sind schon seit obdachlos, andere sind „nur“ wohnungslos, wieder andere haben zwar ein Dach über dem Kopf, aber einfach nicht genug Geld um Ihr Leben zu bestreiten und sind auf Hilfe durch die Tafel und die Bahnhofsmission angewiesen. Einige von Ihnen begegnen uns jeden Tag auf unseren Wegen durch die Stadt, ohne das wir sie groß beachten.
Anlaufstelle und Einstieg in das Thema ist für mich die Bahnhofsmission am Bahnhof Zoo in Berlin, die mit ihrem Team von 400 Mitarbeitern, die meisten davon ehrenamtlich und Praktikanten, jeden Tag bis zu 600 Menschen mit Essen und Kleidung versorgt. 365 Tage im Jahr, 24 Std. am Tag ist die Mission besetzt und ansprechbar für Menschen in Not. Dort lerne ich die Menschen kennen, die ich mit meiner Kamera begleite und deren Geschichte ich hier erzähle.
Inzwischen ist es Juli 2016 und ich bin immer noch regelmäßig in der Bahnhofsmission am Bahnhof Zoo in Berlin. Ich habe viele Menschen kennen gelernt, viele Geschichten über Schicksale und Lebensläufe gehört, viel Neues, Spannendes, Interessantes, aber auch trauriges gehört und erfahren. Einige der Menschen, die ich kennen gelernt habe sind mir ans Herz gewachsen. All das hat natürlich auch viel mit mir gemacht und ich sehe Bettler, Verkäufer von Straßenzeitungen und den sogenannten Penner, der auf der Straße liegt, heute mit anderen Augen.
Der Arbeitstitel wurde inzwischen durch den richtigen Titel ersetzt. Dieser „kam zu mir“, als ich einen Tag und eine Nacht mit mehreren Obdachlosen auf der Straße verbrachte und merkte wie sich das Verhalten der Mitmenschen gegenüber mir änderte, weil diese mich für einen Obdachlosen und ein Penner hielten. Ich war mitten unter Menschen, aber trotzdem gehörte ich nicht mehr dazu. Ich war „mittendrin aber nicht dabei“.