Mario Röllig war ein unpolitischer Mensch und überhaupt nicht oppositionell gegenüber  der DDR eingesellt, bis er 1987 unverhofft in das Visier der Staatssicherheit geriet und, wie er selbst sagt, zum politischen Menschen und Staatsfeind gemacht wurde.

Durch seinen prädestinierten Beruf als Kellner im Flughafen Schönefeld hatte er Kontakt auch zu westlichen Reisenden und dadurch Zugang zu Westwährung. Dies bescherte ihm ein sorgloses Leben in relativem Wohlstand mit Privilegien, wie sie die meisten anderen Bürger der DDR nicht hatten. Regelmäßige Urlaube im sozialistischen Ausland gehörten u. a. zu den Annehmlichkeiten, die sein Leben bot.

1984 hatte Mario sein Coming Out. Homosexualität war zwar in DDR nicht verboten, passte aber nicht zu den Moralvorstellungen des Sozialismus und der SED und war deshalb nicht gerne gesehen.

Auf einer seiner Reisen 1985 nach Budapest lernte Mario mit 17 Jahren einen Mann aus West Berlin kennen und lieben. Mehrfach trafen sich Mario und sein Freund danach in Ungarn und Ost-Berlin. Was Mario anfangs nicht wusste, sein neuer Freund war Politiker in der Bundesrepublik Deutschland. Es dauerte nicht lange, bis das Ministerium für Staatssicherheit das mitbekam und auf ihn aufmerksam wurde. Für die Stasi war der Politiker aus dem Westen, sein Freund, natürlich von großem Interesse. 

Eines Tages bekam Mario Besuch von zwei Herren vom Ministerium für Staatssicherheit, die bestens über ihn und seine Lebensumstände Bescheid wussten. Ihnen waren Details aus seinem privaten Bereich bekannt, wie z. B. die Einrichtung und Größe seines Zimmers, dass er ein Auto beantragt hatte und gerne eine eigene Wohnung hätte.

Man sprach ihn auf seinen Freund aus dem Westen an und offerierte Vergünstigungen gegen Informationen über seinen Freund. Den Trabi, für den die Wartezeit damals ca. zehn bis fünfzehn Jahre betrug, boten die Herren an, innerhalb weniger Wochen zu besorgen. Sogar die Farbe hätte sich Mario aussuchen dürfen. Mario lehnte das ab und meinte, er würde dann lieber weiter mit dem Auto seines Vaters fahren. Die Herren lockten weiter und offerierten ihm, eine eigene Wohnung zu besorgen, er könne sich sogar den Stadtbezirk aussuchen. Er müsste dafür nur ein paar Informationen über seinen Freund liefern. Es würde ja auch gar niemand mitkriegen, dass er mit der Stasi zusammenarbeitete. Mario willigte ein und sagte, dass er das Angebot mit der Wohnung sehr gerne annehmen würde und diese gerne in West Berlin in Charlottenburg hätte. Damit war das Gespräch beendet und sein weiteres Schicksal wohl besiegelt.
Einige Wochen später wurde er ins Personalbüro gerufen und man eröffnete ihm, im Beisein der beiden Herren von der Staatssicherheit, welche ihn kurz vorher aufgesucht hatten, dass man leider seinen Job aus Kostengründen einsparen müsse. Man würde ihn aber natürlich nicht auf die Straße setzen, sondern weiter beschäftigen. Zukünftig solle er im Selbstbedienungsrestaurant des S-Bahnhofs Schöneweide als Tellerwäscher arbeiten. Als Mario das dankend ablehnte, um sich lieber auf eigene Faust einen anderen Job zu suchen, wurde ihm gesagt, dass dies keine Option sei. Wenn er sich weigern würde, diesen neuen Job als Tellerwäscher anzunehmen, müsste man ihn auf der Stelle als „arbeitsscheues Subjekt“ verhaften und mitnehmen.

 An diesem Tag änderte sich sein Leben grundlegend.

Natürlich war den Kollegen in seinem neuen Job bekannt, dass er ein Querulant und nicht systemtreu war. Er wurde gemobbt, schlecht behandelt und 24 Stunden am Tag überwacht. Teilweise versuchte man die Überwachung gar nicht versteckt durchzuführen, sondern ganz offen, um Druck auf ihn aufzubauen. Nichts in seinem Leben war mehr wie zuvor.