Marokko – Geduld und Hoffnung sind der Schlüssel zum Himmel

Was hatte ich nicht alles über Marokko gehört im Vorfeld unserer Reise. Von Superlativen bis “nie wieder“ war alles dabei. So war ich wirklich gespannt, was mich erwarten würde.
Ursprünglich wollte ich ja nur sieben Tage mit Beduinen durch die Wüste wandern und wieder nach Hause fliegen. Nach einem kurzen Blick in einen Reiseführer und der Feststellung, dass es so viel zu sehen gibt wurden dann 23 Tage daraus mit dem Ausgangs- und Endpunkt Marrakesch.

Marrakesch

In Marrakesch hatten wir drei Nächte im hochgelobten Riad Alnadine gebucht, der bei tripadvisor drittbest bewertete Riad in Marrakesch unter mehreren hundert und das für erschwingliche 71 Euro pro Nacht (direkt gebucht, nicht über ein Hotelportal, wie man generell sagen kann, dass alle unsere Unterkünfte über ein Portal fast immer teurer warenwie direkt gebucht, da die Hoteliers die 17% Kommission, die z. B. booking.com verlangt auf die Preise in den Portalen aufschlagen, und das völlig zu Recht wie ich finde). Ich kann mich den Lobeshymnen über den Riad Alnadine nur anschließen. Ein wunderschön restauriertes Haus mit nur fünf Zimmern, das veredelt wird von Nadine und Alan, die so wundervolle Gastgeber sind und einem jeden Wunsch erfüllen und Ihr Haus mit einer Stimmung der Gastfreundschaft füllen, wie man sie selten findet. Vielen Dank dafür!

Beim ersten abendlichen Spaziergang stellte ich schnell fest, dass ein Wehrmutstropfen (es gibt noch zwei weitere, aber davon später) von dem ich im Vorfeld schon gehört hatte leider wahr ist: Fotografieren ist schwierig bis unmöglich. Besonders wenn man wie ich das Motto vertritt „Fotos ohne Menschen sind langweilig“, ist es sehr schwer. Entweder wird man beschimpft oder sofort kommt jemand, der 10 Dirham pro Foto verlangt. So habe ich dann schweren Herzens das Fotografieren recht schnell eingestellt bzw. mich nur noch auf unverfängliche Fotos beschränkt. Also nicht wundern, wenn die Fotos in meinem Blog nicht die tollsten sind oder nicht zu vielen beschriebenen Szenen und Eindrücken nicht die entsprechenden Fotos auftauchen.
Zu fotografieren gäbe es mehr als genug. Marrakesch ist ein Fest für die Sinne, eine Lawine der Eindrücke, die einen am Anfang total überrollt. Hunderttausende Motive, eines spannender als das andere. In der Medina von Marrakesch an jeder Ecke ein kleiner Laden, ein kleiner Handwerker, wie sie in Europa schon seit Jahrzehnten verschwunden und dem Fortschritt zum Opfer gefallen sind. In oft winzig kleinen Verschlägen von nur 1 x 1,5 Meter sitzt jemand und näht, hämmert, schraubt, schneidet irgendwas. Dann wieder größere Lokale mit Tischlereien, Eisenschmieden und Mopedwerkstätten. Mopeds, welche ständig, mit hoher Geschwindigkeit und ohne große Rücksicht auf die Fußgänger durch die engen Gassen der Medina brausen. Ein paar Schritte weite dann Höfe in denen Esel und Karren rumstehen, die für den Transport von Gütern in der Medina genutzt werden. Die Eseldichte in der Medina von Marrakesch ist wohl ungefähr so hoch, wie die der Katzen, die es auch in Massen gibt.

Läuft man dann durch die Souks der Medina findet man die Kunsthandwerker. Leder, Kleidung, Schuhe, Kunstschmiede, welche all die Dinge in Handarbeit herstellen, die man dann eine Ecke weiter in den Andenkenläden kaufen kann.

Wie alle Touris landeten auch wir am ersten Abend natürlich auch auf dem zentralen Platz der Geköpften, Djemaa el Fna. Ein buntes Treiben von allen möglichen Händlern, Künstlern und Essständen. Bei den mit Nummern versehenen Essständen wird man ständig und stark bedrängt, doch zum Essen zu bleiben. Natürlich ist jeder von ihnen der Beste und Billigste. Am ersten Abend nervt das noch, aber wir haben uns schnell angewöhnt, das Spiel mitzuspielen. Ich kann kein Französisch aber „Deja mangez“ (ich habe schon gegessen) habe ich mir von Andrea beibringen lassen und dann entwickelt sich oft ein Dialog wie der folgende:

Where are you from, come here, good food, cheap and no diarea.
No, deja mangez!
Ok, than maybe tomorrow!?
Yes, tomorrow, Inschallah!
I am No 25, remember!
Oh yes, 25, for sure. And you are the best, right?
(gespielte Überraschung) How do you know?
I just konw
Man gibt sich noch lachend die Hand und die Situation ist vorbei.

Wir haben sehr schnell festgestellt, dass die meisten Menschen sehr viel Humor haben, und wenn man es spaßig und locker angeht man oft viel zu lachen hat und entspannt durchkommt.

Für den ersten Abend war uns aber das Treiben noch zu viel und zu aufdringlich und wir waren wohl auch ein wenig überfordert, so dass wir auf der Terrasse eines der vielen Restaurants am Platz zu Abend aßen, das außer dem Personal wohl noch nie einen Marokkaner zu sehen bekommen hat.

Am nächsten Morgen war ich schon um 6:30 wach und ging ungefähr 1 ½ Stunden alleine ein wenig durch die Gassen der Medina. Dieser morgendliche Spaziergang hat mich total überwältigt. Die Stadt erwacht, die Leute gehen Brot holen, die Kinder gehen zur Schule, die ersten Geschäfte öffnen, die Teestuben und mobilen Teestände sind schon in Aktion. Niemand will einem was verkaufen, niemand quatscht einen an, ganz viele Leute grüßten mich mit einem freundlichen bonjour. Am Place Sidi Youb baute ein alter Mann gerade seinen Teestand auf und ich ließ mir einen Tee geben. Zum Tee bekam ich auch sofort einen Stuhl hingestellt, damit ich mich setzen konnte. Der ältere Herr sprach nur arabisch, so dass leider keine Kommunikation möglich war. Er erzählte mir zwar ganz viel, aber ich verstand kein Wort, aber darauf kam es wohl auch nicht an. Dann musste ich auch noch von der Suppe, deren Namen ich auch nicht mehr kenne, kosten, welche er gerade schon für den Mittag zubereitete. Mit einem zweiten Tee ließ ich das Treiben auf der Bühne „Place Sidi Youb“ an mir vorüberziehen bevor ich weiter durch die Gassen der Medina spazierte. Nach diesem Spaziergang war ich verliebt in Marrakesch, von diesen wunderbaren, warmherzigen, freundlichen Menschen und dieser Eindruck sollte sich auch nicht mehr ändern.